Mittwoch, 27. November 2013

Bines Lesestunde



Der Winter ist da. Erster Frost macht den Boden hart und lässt Blumenstengel und Blüten wie matschige Tomaten aussehen. Rauhreif knirscht unter meinen Pfoten. Im Licht der morgendlichen Sonnenstrahlen erscheint der Boden wie gefrorene Zuckermilch. Schnell husche ich ins Haus und springe auf meinen Sessel. Ahhh! Gebt mir eine Sekunde, dann bin ich für euch da.
So - los gehts. Heute mit einer Geschichte für die Kleinen. Jaa. Immerhin beginnt am Sonntag die geheimnisvolle Vorweihnachtszeit. Aber keine Bange. Ich bringe für alle etwas mit. Kommt näher ran und hört zu ...

Zaubernebel

Es ist ein grauer, unfreundlicher Novembertag. Nebel liegt über Neutrebbin. Die wenigen Autofahrer halten ihre Nasen dicht an die Windschutzscheiben gepresst. Sie sehen nicht viel, nur die weisse Masse, die über Straßen und Plätze zieht, über geduckte Häuser schleicht, durch knorrige Hecken gleitet und die einen Moment vor dem Fenster des Bauernhauses verharrt, das genau gegenüber der Liebesinsel steht.
Dort liegt der siebenjährige Kevin auf dem Sofa und verfolgt das geschäftige Treiben Oma Annelieses. Er sieht wie sie Teller und Tassen aus dem Schrank holt, Kaffeepulver in einen Filter schüttet und seinen Lieblingsbecher mit Milch gefüllt in die Mikrowelle stellt.
Nur seine Nasenspitze und seine fieberblanken Augen lugen unter der dicken Bettdecke hervor. Oma Anneliese hat sie fürsorglich über ihn gebreitet. Kevin weiß, dass sie ihn heute versorgen und in der Schule entschuldigen wird. Sie seufzt, wenn sie ihn ansieht. Besonders wenn er krank ist, findet sie ihn zu dünn für sein Alter.
"Komm, trink das aus mein Hase. Milch mit Honig und Butter. Hm. Du musst schnell wieder gesund werden." Kevin schluckt. Er nimmt nur ganz wenig. Er hasst Milch mit Butter und Honig. Aber er will Oma Anneliese nicht verärgern. Er hebt den Kopf aus dem Kissen und spürt erneut die Tasse mit dem klebrigen Zeug an seinen Lippen. Sie brennen wie Feuer. Aus den Augenwinkeln betrachtet er Oma Anneliese, wie sie den weißen Dunst vor dem Fenster anstarrt, seufzt und mit den Schultern zuckt. Er folgt ihr mit den Augen, als sie langsam in den Flur geht, die Einkaufstasche mit dem aufgemalten Klatschmohn vom Haken nimmt und die Tür öffnet.
"Bleib schön liegen, Kevin. Ich bin gleich wieder da", ruft sie, bereits mit einem Fuß auf der Straße. "Frische Schrippen mit Leberwurst. Das wird dir gut tun", redet sie weiter. "Ich schließ nicht ab. Opa Hans ist im Stall bei den Tieren. Zum Frühstück kommt er ins Haus. Du machst Niemandem die Tür auf, hörst du Kevin? Niemandem!" Kevin ist zu müde zum Antworten. Der Hals tut weh. Er nickt, kuschelt sich tiefer in die Federn und macht die Augen zu.

Wenige Minuten später schrillt die Klingel. Wie eine Alarmglocke hört sich das an findet Kevin, während er mit nackten Füßen zur Tür huscht. Bestimmt hat Oma Anneliese was vergessen. Sie ist nicht mehr die Jüngste. Wie oft kramt sie ewig in ihrer Handtasche, bis sie den Schlüssel gefunden hat? Da versteht es sich von selbst, dass er die Haustür öffnen muss.
Oh! Wer ist das? Auf jeden Fall nicht Oma Anneliese. Misstrauisch betrachtet Kevin den fremden Mann in dem blauen Arbeitsanzug. Sein Blick fällt auf den Werkzeugkasten in den riesigen Händen und er erinnert sich an Oma Annelieses Worte. Hastig will er die Tür zuschlagen, aber der Fuß des Unbekannten ist schneller. Festgekeilt in dem Türspalt.
"Na, na, was soll das? Du musst keine Angst haben. Ist schon in Ordnung, wenn du mich hineinlässt. Euer Wasserhahn in der Küche leckt. Der Klempner bin ich weißt du, nur der Klempner." Sein Mund lächelt schief. Eine Wollmütze bedeckt seinen Kopf. Aber was soll die Sonnenbrille? Komisch. Draußen ist Nebel!
"Nein, Oma Anneliese hat gesagt ..." Verzweifelt versucht Kevin, die Tür zu schließen. Seine Füße sind kalt und der Kopf heiß wie im Sommer ... 

Spannend nicht? Aber jetzt muss ich ein Nickerchen machen. Keine Angst. Natürlich erfahrt ihr, wie es weitergeht. Wenn ihr die Fortsetzung hören wollt, dann kommt gleich morgen wieder! Tschüßi!
 

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